OLG Köln: (Un-)Zulässige Werbung mit Testsiegeln auf Produktverpackungen

3.05.2021 | Werberecht, Wettbewerbsrecht

Testsiegel erzeugen eine erhebliche Werbewirkung. Sowohl Hersteller als auch Handelsunternehmen bedienen sich dieser Werbewirkung gerne und verwenden Testsiegel regelmäßig medienübergreifend. Gleichzeitig ist die Werbung mit Testergebnissen bzw. Testsiegeln eine klassische Haftungsfalle im Wettbewerbsrecht. Aufgrund der erheblichen Werbewirkung von Testsiegelwerbung werden hier Fehler häufig bestraft und sowohl von Mitbewerbern als auch von Verbraucherschutzverbänden und Wettbewerbsverbänden abgemahnt.

Das Oberlandesgericht Köln hat in einer kürzlich ergangenen Entscheidung (Aktenzeichen 6 U 284/19) dazu ausgeführt, wann das Abbilden eines Produkts in einem Werbeprospekt gegen das UWG verstößt, wenn auf diesem Produkt ein Testsiegel abgebildet ist.

 

 

Der Sachverhalt

 

Der Beklagte hat in einem Werbeprospekt einen Eimer Farbe abgebildet, auf dem ein Stiftung Warentest Testsiegel eindeutig als solches erkennbar war. Das Testsiegel enthielt die erkennbare Aufschrift „TESTSIEGER“. Nicht erkennbar waren allerdings die in dem Testsiegel angegebenen Informationen, insbesondere die Testfundstelle.

Der Beklagte wurde daraufhin von einem Verband abgemahnt und auf Unterlassung sowie Ersatz einer Abmahnkostenpauschale verklagt. Der Beklagte hat das Verfahren in der ersten Instanz vor dem Landgericht verloren.

 

 

Die Entscheidung des Oberlandesgericht Köln

 

Das Oberlandesgericht Köln sah einen Verstoß gegen § 5a Abs. 2 UWG als gegeben an, weil die Beklagte mit dem Testsiegel auf dem Produkt und der darauf erkennbaren Eigenschaft „TESTSIEGER“ geworben hat, ohne dabei die Testfundstelle anzugehen.

 

Das OLG Köln führt zunächst zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus:

Der BGH hat in mehreren Entscheidungen seine Rechtsprechung entwickelt, dass in einer Werbung aufgenommene Angaben über Testurteile leicht und eindeutig nachprüfbar sein müssen, was auch voraussetzt, dass eine Fundstelle angegeben wird, die für den Verbraucher leicht auffindbar ist. Andernfalls ist der Verbraucher in seiner Möglichkeit beeinträchtigt, die testbezogene Werbung zu prüfen und in den Gesamtzusammenhang einzuordnen, wodurch eine informierte geschäftliche Entscheidung beeinträchtigt wird. Von daher braucht der Verbraucher immer dann, wenn er auf das Ergebnis eines Tests hingewiesen wird, Informationen zu den Tests, um die Bedeutung der Werbeaussage im Rahmen einer etwaigen Kaufentscheidung richtig bewerten zu können.

 

Diese Grundsätze greift das OLG Köln auf und überträgt diese auf den entschiedenen Fall:

Die Werbung mit Testsiegeln ist für den Verbraucher von erheblicher Bedeutung, weil er seine Kaufentscheidung stark nach Testergebnissen ausrichten wird. Der Verkehr versteht den Test nämlich dahin, dass ein solcher von einer neutralen Prüfstelle vorgenommen wurde, die über die notwendige Sachkunde verfügt und den Test objektiv nach aussagekräftigen Kriterien durchgeführt hat. Dem kommt allgemein bekannt eine besonders hohe Werbewirkung zu. Hinzu kommt, dass das Ergebnis eines Tests durch eine Testorganisation wie etwa die Stiftung Warentest eine Meinungsäußerung darstellt. Für den Verbraucher ist es deswegen von besonderer Bedeutung zu erfahren, worauf diese im Einzelnen beruht.

 

Sodann hat das OLG Köln die Entscheidung des Landgerichts bestätigt:

Wie das LG zutreffend dargelegt hat, ist der auf dem Produkt angeführte Testsieg auf der Abbildung des Produkts in dem von der Bekl. herausgegebenen Prospekt gut zu erkennen, mit einem entsprechenden Werbeeffekt. Die Bekl. hat dabei selbst mit dem Testsieg geworben. Wenn sie im Rahmen einer eigenen Werbung einen Testsieg eines Produkts dadurch nutzt, dass dieser für die angesprochenen Verkehrskreise erkennbar dargestellt wird, profitiert sie von dieser Darstellung, weil dies den Absatz des Produkts fördert. In diesem Fall ist die Bekl. verpflichtet, auf die Fundstelle hinzuweisen.

 

Weiterhin hat das OLG Köln der Argumentation der Beklagten eine Absage erteilt, wonach diese sich das Testsiegel aufgrund der bloßen Darstellung des Produkts (auf welches das Testsiegel aufgedruckt war) nicht zu eigen gemacht habe. Auch der Umstand, dass die erforderliche Informationen leicht recherchierbar seien, ließ das OLG Köln als Argument nicht gelten.

 

 

Einordnung der Entscheidung

 

Die Rechtsprechung zu Testsiegelwerbung ist seit Jahren sehr streng.

 

Grundlegend hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung „Kamerakauf im Internet“ dazu ausgeführt (Urt. v. 16.07.2009, Az. I ZR 50/07):

Wird für ein Produkt im Internet mit einem Testergebnis geworben, muss die Fundstelle  entweder  bereits  deutlich  auf  der  ersten  Bildschirmseite  angegeben  oder  durch  einen  Sternchenhinweis  eindeutig  und  leicht  aufzufinden  sein.

 

Auffällig ist nach unserer Erfahrung, dass diese Grundsätze trotz der sich stark ändernden Gegebenheiten gerade im Rahmen von Internetwerbung häufig nach wie vor 1 zu 1 von den Gerichten angewendet werden. Es ist daher jede Werbung mit Testsiegeln oder mit Testurteilen medienübergreifend genau zu prüfen. Testsiegel sind zumindest von den großen Anbietern so gestaltet, dass diese nicht nur eine erhebliche Werbewirksamkeit haben, sondern auch alle relevanten Pflichtinformationen enthalten, d.h. insbesondere Testurteil, Testfundstelle und konkret getestetes Produkt. Die Verwendung derartiger Testsiegel ist daher jedenfalls hinsichtlich des rechtlich nach § 5a Abs. 2 UWG erforderlichen Informationsgehalts grundsätzlich empfehlenswert.

Aus unserer Erfahrung in der rechtlichen Beratung und Vertretung im Werberecht wissen wir jedoch, dass es auch Anbieter gibt, deren Testsiegel diese Anforderungen nicht einhalten. Bei der Verwendung von Testsiegeln ist daher stets zu prüfen, ob diese Testsiegel den Anforderungen der Rechtsprechung genügen.

Weiterhin ist darauf zu achten, dass die Testsiegel hinreichend lesbar sind. Dies war genau das Problem des vom OLG Köln entschiedenen Falles. Das in dem Werbeprospekt abgebildete Produkt ließ die Fundstelle nicht mehr erkennen. Gerade bei Katalog-/Flyer- und Prospektwerbung sind wir regelmäßig mit Abmahnungen und nachfolgend Gerichtsverfahren befasst, in denen um die Lesbarkeit der Testfundstelle gestritten wird. Hier kommt es häufig auf den Einzelfall an. Im Printbereich ist Ausgangspunkt der Betrachtung oftmals die Schriftgröße, in welcher die Fundstelle angegeben wird. Nach der Rechtsprechung ist für die Lesbarkeit grundsätzlich eine 6pt-Schriftgröße ausreichend, wobei je nach Schriftart Abweichungen denkbar sind.

 

So hat kürzlich etwa das Landgericht Köln in einer Entscheidung ausgeführt (Aktenzeichen: 33 O 55/19; Auslassungen […] und Hervorhebungen nur hier):

Gem. §§ 5 a Abs. 2, 3 Abs. 2 UWG ist es danach als unlauter anzusehen, wenn Testergebnisse zur Werbung für ein Produkt verwendet werden und der Verbraucher nicht leicht und eindeutig darauf hingewiesen wird, wo er nähere Angaben zu dem Test erhalten kann. Erforderlich ist insoweit, dass die in die Werbung aufgenommenen Angaben über Testurteile leicht und eindeutig nachprüfbar sind. Das setzt nicht nur voraus, dass überhaupt eine Fundstelle für den Test angegeben wird, sondern auch, dass diese Angabe für den Verbraucher aufgrund der Gestaltung der Werbung leicht auffindbar ist. Eine leichte Auffindbarkeit in diesem Sinn bedingt, dass die Fundstellenangabe ausreichend deutlich lesbar ist. […] Diese Voraussetzung hat der Bundesgerichtshof im Regelfall nur bei Verwendung einer Schrift als erfüllt angesehen, deren Größe 6-Punkt nicht unterschreitet, wenn nicht besondere, die Deutlichkeit des Schriftbildes in seiner Gesamtheit fördernde Umstände die tatrichterliche Würdigung rechtfertigen, dass auch eine jene Grenze unterschreitende Schrift ausnahmsweise noch ohne besondere Konzentration und Anstrengung lesbar ist.

 

 

Praxishinweis

 

Für die Praxis ist beachtlich, dass es bei der Werbung mit Testsiegeln häufig auf den Einzelfall ankommt. Der pauschale Verweis auf Schriftgrößen verfängt nach unserer Auffassung jedenfalls dann nicht, wenn die Lesbarkeit gewährt ist. Weiterhin ist beachtlich, dass die im Einzelfall schlechte Lesbarkeit eines Testsiegels – zum Beispiel, weil dies auf einem Produkt abgebildet ist, wie im vorliegend vom OLG Köln entschiedenen Fall – kein zwingendes Hindernis für die Werbung mit diesem Testsiegel sein muss. Vielmehr ist sorgfältig zu prüfen, ob die erforderlichen Informationen nicht auf andere Art und Weise zur Verfügung gestellt werden können, etwa durch Sternchen- oder sonstige Hinweise. Jedoch ist auch bei Verwendung derartiger (Sternchen-)Hinweise auf die richtige Gestaltung zu achten, denn nicht nur das völlige Fehlen der erforderlichen Informationen (z.B. Testfundstelle) kann zu einem Verstoß gegen § 5a Abs. 2 UWG führen, sondern auch der unklar gestaltete Hinweis.