Werbung anwaltlich prüfen

Unsere Beratung erstreckt sich auf präventive Beratung zu geplanten Werbemaßnahmen, damit Sie mit Ihrer geplanten Werbemaßnahme teure Abmahnungen und Gerichtsverfahren vermeiden. Weiterhin unterstützen wir Sie aktiv dabei, Ihre Ansprüche gegen unlautere Werbemaßnahmen von Mitbewerbern durchzusetzen, um Ihre Marktposition zu sichern. Schließlich verteidigen wir Ihre Rechte gegen unberechtigte Abmahnungen Ihrer Werbung durch Mitbewerber und Wettbewerbsverbände mit der nötigen Konsequenz, sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich.

Rufen Sie uns an! Im Rahmen eines telefonischen Erstkontakts erläutern wir Ihnen das weitere Vorgehen und die Kosten.

A. Was ist das Lauterkeitsrecht (UWG)?

Das Lauterkeitsrecht ist vor allem durch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geregelt.

§ 1 UWG definiert den Zweck des Gesetzes gegen den Unlauteren Wettbewerb wie folgt:

Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen.
Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

B. Welche Verstöße werden durch das Lauterkeitsrecht (UWG) sanktioniert?

I. Unlauterkeitstatbestände des UWG

Das UWG enthält in den §§ 3 bis 7 UWG zahlreiche Tatbestände, die zu einem Verstoß führen und damit zum Beispiel im Wege einer Abmahnung einer Werbemaßnahme von einem Mitbewerber angegriffen werden können. Einer der häufigsten Tatbestände im Bereich der Werbung ist die Irreführung nach § 5 UWG, zu dem die Rechtsprechung zahlreiche Fallgruppen entwickelt hat.

II. Verstöße gegen andere Gesetze können ebenfalls zu UWG-Verstößen führen

Die Regelungen des UWG sind jedoch nicht abschließend. Vielmehr ist das UWG über die Rechtsbruchklausel des § 3a UWG bei Verstößen gegen zahlreiche Sondergesetze anwendbar. Beispiele für solche Gesetze sind etwa:

III. Wer kann Ansprüche nach dem UWG geltend machen?

Nach § 8 Abs. 3 UWG können Verstöße gegen das UWG insbesondere von folgenden Personen, Unternehmen und Verbänden geltend gemacht werden:

IV. Welche Ansprüche ergeben sich aus dem UWG?

Das UWG regelt die im Gewerblichen Rechtsschutz üblichen Ansprüche bei Verletzung von Vorschriften gegen das UWG bzw. Gesetzen nach § 3a UWG, insbesondere

Der wichtigste Anspruch im UWG ist der Anspruch auf Unterlassung, der zugleich in gewissem Umfang Beseitigungs- und Rückrufpflichten umfasst (etwa hinsichtlich irreführend gekennzeichneter Produkte oder unlauterer Werbeprospekte).

V. Wie werden Ansprüche nach dem UWG geltend gemacht?

Das Vorgehen gegen rechtswidrige unlautere Werbung folgt üblicherweise dem einheitlichen Schema aus vorgerichtlicher Abmahnung der Werbung und gegebenenfalls nachfolgendem gerichtlichen Vorgehen.

VI. Was ist eine Abmahnung?

Wird eine unlautere Werbung angegriffen, wird meistens zunächst eine sog. Abmahnung ausgesprochen, die zwingend die Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung enthält.

Mit der strafbewehrten Unterlassungserklärung wird der Unterlassungsanspruch des Abmahnenden erfüllt, da der Abgemahnte bei schuldhaftem Verstoß gegen eine solche Unterlassungserklärung empfindliche Vertragsstrafen an den Abmahnenden zahlen muss. Allerdings sind bei derartigen Unterlassungserklärungen zahlreiche Gesichtspunkte zu beachten, sodass von der Abgabe einer vom Abmahnenden vorformulierten Unterlassungserklärung jedenfalls ohne vorherige rechtliche Prüfung der Abmahnung abzuraten ist. Dabei ist insbesondere beachtlich, dass eine Unterlassungserklärung grundsätzlich auch sog. kerngleiche Verletzungshandlungen erfasst. Das bedeutet, dass im Einzelfall auch abgewandelte Werbeformen unter die Unterlassungserklärung fallen können, was zu erheblichen Kostenrisiken führen kann. Die Abwandlung einer angegriffenen Werbung sollte nach Abgabe einer Unterlassungserklärung also sorgfältig geprüft werden, um auszuschließen, dass die Abwandlung ebenfalls unter die Unterlassungserklärung fällt.

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der Unterlassungsanspruch auch nach Abgabe einer Unterlassungserklärung auch eine Rückrufpflicht umfasst. Das bedeutet zum Beispiel, dass unlauter gekennzeichnete Produkte ggf. zurückgerufen werden müssen oder unlautere Werbung auch auf Drittseiten (z.B. Google-Cache) gelöscht werden muss bzw. der Unterlassungsschuldner alles tun muss, um den Dritten zur Löschung zu bewegen.

Sinn und Zweck einer solchen Abmahnung ist folglich die schnelle, außergerichtliche und damit kostengünstige Beilegung einer wettbewerbsrechtlichen Streitigkeit. Allerdings ist eine Abmahnung in vielen Fällen nicht umsonst. Vielmehr sind bei berechtigter Abmahnung regelmäßig die Kosten zu erstatten, die dem Abmahnenden aufgrund der Beauftragung eines Rechtsanwalts entstanden sind, § 13 Abs. 3 UWG.

Das Gesetz sieht für den Inhalt einer solchen Abmahnung zwingende formale Voraussetzungen vor. So muss eine Abmahnung aufgrund jüngster Änderungen durch das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs seit dem 2. Dezember 2020 gemäß § 13 Abs. 2 UWG zwingend enthalten:

  • Name oder Firma des Abmahnenden sowie im Fall einer Vertretung zusätzlich Name oder Firma des Vertreters,
  • die Voraussetzungen der Anspruchsberechtigung nach § 8 Abs. 3 UWG,
  • ob und in welcher Höhe ein Aufwendungsersatzanspruch, z.B. für aufgrund der Abmahnung entstandene Anwaltskosten, geltend gemacht wird und wie sich dieser berechnet,
  • die Rechtsverletzung unter Angabe der tatsächlichen Umstände,
  • einen Hinweis, dass der Anspruch auf Aufwendungsersatz ausgeschlossen ist, sofern ein Fall des § 13 Abs. 4 UWG vorliegt, also ein Verstoß gegen Informations- oder Kennzeichnungspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr/Telemedien oder ein Datenschutzverstoß geltend gemacht werden.

Sofern eine Abmahnung unberechtigt ist oder nur die vorstehenden formellen Anforderungen erfüllt, können sich umfassende Gegenansprüche des Abgemahnten ergeben, § 13 Abs. 5 UWG. Es ist daher in jedem Fall eine sorgfältige Prüfung sowohl des abgemahnten Verstoßes als auch hinsichtlich der Erfüllung der formalen Voraussetzungen zu empfehlen. Die Erfahrung zeigt, dass sich hier in zahlreichen Fällen valide Gegenansprüche aufbauen lassen, die den Ausgang der streitigen Angelegenheit maßgeblich beeinflussen können.

VII. Was ist eine einstweilige Verfügung?

Der Abmahnende kann seinen Unterlassungsanspruch im Wege einer einstweiligen Verfügung bei Gericht verfolgen, wenn auf eine Abmahnung hin keine Unterlassungserklärung abgegeben wird. Die einstweilige Verfügung ist ein Eilverfahren, bei dem der Abmahnende – sofern dessen Anspruch besteht – zumeist innerhalb weniger Tage/Wochen einen vollstreckbaren gerichtlichen Titel erwirken kann. Droht eine einstweilige Verfügung, kann hiergegen eine sog. Schutzschrift bei Gericht hinterlegt werden, um den Erlass einer einstweiligen Verfügung nach Möglichkeit zu verhindern. Eine solche Schutzschrift ermöglicht es, Gegenargumente bei Gericht zu platzieren, ohne dass der Gegner unmittelbar hiervon erfährt. Eine Schutzschrift ist elektronisch bei dem sog. Schutzschriftenregister zu hinterlegen, vgl. § 945 ZPO.

Ob ein Antwortschreiben an den Abmahnenden oder eine Schutzschrift taktisch sinnvoll sind, sollte im Einzelfall geprüft werden. Wichtig ist, dass eine einstweilige Verfügung nur dann beantragt werden kann, wenn die Angelegenheit dringlich ist. Das erfordert insbesondere, dass der Abmahnende von dem abgemahnten Verstoß noch keine lange Kenntnis hat. Wie lange diese Kenntnis sein darf, wird von den einzelnen Oberlandesgerichten unterschiedlich beurteilt. Als Richtwert gilt, dass von Kenntniserlangung einer unlauteren Werbung und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht mehr als ein Monat vergehen sollte. Dies sollte im Einzelfall geprüft werden, um das für diesen Fall optimale Vorgehen zu wählen.

VIII. Das Klageverfahren wegen UWG-Verstößen

Scheidet eine einstweilige Verfügung aufgrund länger zurückliegender Kenntniserlangung oder (selten) aufgrund zu hoher Komplexität aus, ist der Weg über ein Klageverfahren zu den Landgerichten eröffnet. Vorteil dieses Wegs ist, auch wenn es bis zum Abschluss im Regelfall bis zu ein Jahr dauert, dass hier auch Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatz geltend gemacht werden können. Eine solche Auskunft kann im Einzelfall sinnvoll sein, um einen Schadensersatzanspruch vorzubereiten oder um weitere Verletzungshandlungen zu verhindern.

C. Klassische Haftungsfallen bei Werbemaßnahmen

Die Angriffspunkte bei Werbemaßnahmen ist sowohl bei online-Werbung als auch bei offline-Werbung von extremer Vielfalt und durch den Rechtsbruchstatbestand des § 3a UWG auf zahlreiche Sondergesetze verstreut.

Beitrag: Markenverletzung bei Suchmaschinenwerbung

Nach unserer Erfahrung ist es hier auch für geübte und professionelle Marketingabteilungen äußerst schwierig, den Überblick zu behalten. Gerade bei aufwendigen Werbekampagnen oder teurer Print-/Rundfunk- oder TV-Werbung ist es daher zur Vermeidung von Schäden von enormer Relevanz, sich hinreichend abzusichern. Jedoch sind auch die für eine Abmahnung regelmäßig zu erstattenden Anwaltskosten des Abmahnenden Wettbewerbers ein vermeidbares Ärgernis.

Die Einhaltung des UWG wird zusätzlich dadurch erschwert, dass das Wettbewerbsrecht stark durch die Rechtsprechung geprägt wird und man daher den Blick über eine erhebliche Zahl an Entscheidungen haben muss. Hinzu kommt, dass die Spruchpraxis der Land- und Oberlandesgerichte nicht einheitlich ist, sodass auch die unterschiedliche Spruchpraxis der Gerichte zu berücksichtigen ist und im Einzelfall auch Chancen bietet.

Wir beraten seit vielen Jahren zum UWG und prüfen Ihre Werbung unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung der Instanzgerichte. Sofern in Ihrem Fall die Spruchpraxis eines bestimmten Land- oder Oberlandesgericht besondere Relevanz besitzt, erarbeiten wir für Sie eine hieran orientierte optimale Strategie.

Wenden Sie sich gerne für eine Ersteinschätzung an einen unserer Experten.

D. Wichtige Leitsätze der Gerichte

Da die Beurteilung von UWG-Verstößen maßgeblich an dem Verständnis eines durchschnittlichen Verbrauchers bzw. der angesprochenen Verkehrskreise ausgerichtet ist, vgl. § 3 Abs. 4 UWG, befindet sich das Rechtsgebiet in einem ständigen Fluss und wird maßgeblich durch die Spruchpraxis der zuständigen Gerichte beeinflusst.

Wir möchten Ihnen nachfolgend einige wichtige Entscheidungen der letzten Jahre aus dem Bereich der (unlauteren) Werbung zur Kenntnis bringen:

I. Reichweite des Unterlassungsanspruchs

  • „Die Unterlassungsverpflichtung verpflichtet den Schuldner auch zum Rückruf bereits ausgelieferter und mit wettbewerbswidriger Werbung versehener Produkte.“ (BGH, Urt. v. 4.05.2017, Az. I ZR 208/15)

II. Rechtsmissbräuchlichkeit von Abmahnungen

  • „Mahnt der Abgemahnte als Reaktion auf eine ihn treffende Abmahnung den Abmahnenden wegen eines vergleichbaren Verstoßes ab, ist diese Gegenabmahnung nicht aus diesem Grund rechtsmissbräuchlich.“ (BGH, Urt. v. 21.01.2021, Az. I ZR 17/18).
  • „Eine missbräuchliche Rechtsverfolgung im Sinne von § 8 Abs. 4 Satz 1 UWG liegt grundsätzlich vor, wenn mit einer Vielzahl von Abmahnungen ein im Verhältnis zum Jahresgewinn des Abmahnenden existenzbedrohender Verfolgungsaufwand verbunden ist, und für ihn an der Rechtsverfolgung kein nennenswertes wirtschaftliches Interesse besteht.“ (BGH, Urt. v. 26.04.2018, Az. I ZR 248/17)

III. Werbung für Arzneimittel

  • „Eine Werbung, die einem Arzneimittel aus Sicht eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Werbeadressaten eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen bei einer Anwendung am Menschen beilegt (hier eine entzündungshemmende und antivirale Wirkung bei der Behandlung von Patienten mit akuten, unkomplizierten Entzündungen der Nasennebenhöhlen), ist nach § 3 Satz 1 und 2 Nr. 1 HWG irreführend und unzulässig, wenn sie nicht gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht, weil sie allein auf Angaben in der Fachinformation gestützt wird, wonach sich diese Wirkungen zwar bei Tests an tierischen Organismen (hier einer Rattenpfote) und außerhalb lebender Organismen (in vitro) gezeigt haben, aber bisher keine humanpharmakologischen Untersuchungen zur klinischen Relevanz dieser Ergebnisse vorliegen.“ (BGH, Urt. v. 05.11.2020, Az. I ZR 204/19)
  • „Das Ausloben und Gewähren von Zuwendungen für den Bezug von Arzneimitteln kann eine nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWG produktbezogene Werbung auch dann darstellen, wenn die Gewährung der Prämien für das gesamte Sortiment der werbenden Apotheke angekündigt wird.“ (BGH, Urt. v. 24.11.2016, Az. I ZR 163/15)

IV. Angaben zum Widerrufsrecht

  • „Die in §312d BGB und Art.246a EGBGB enthaltenen Regelungen über die Informationen, die die Unternehmer den Verbrauchern in Fällen zu geben haben, in denen diesen ein Widerrufsrecht nach §312g Abs.1 BGB zusteht, stellen dem Schutz der Verbraucher dienende Marktverhaltensregelungen gem. § 3a UWG dar.“ (BGH, Urt. v. 24.09.2020, Az. I ZR 169/17)
  • „Wird für die verpflichtenden Verbraucherinformationen nebst Muster-Widerrufsformular mehr als ein Fünftel des für die konkrete Printwerbung verfügbaren Raums benötigt, muss das Muster-Widerrufsformular nicht in der Werbung abgedruckt und kann sein Inhalt auf andere Weise in klarer und verständlicher Sprache mitgeteilt werden; sodann ist zu prüfen, ob die übrigen Pflichtangaben nicht mehr als ein Fünftel des Raums der Printwerbung in Anspruch nehmen.“ (BGH, Urt. v. 11.04.2019, Az. I ZR 53/16)

V. Werbung mit Testsiegeln und Prüfzeichen

  • Lesen Sie auch unseren Beitrag zur Werbung mit Testsiegeln auf Produktverpackungen.
  • „Eine Werbung, mit der der Werbende den Inhalt des von einem Dritten in einem seriösen Verfahren vergebenen und nicht erschlichenen Testsiegel nicht in der wörtlich verliehenen Form nutzt, sondern mit eigenen Worten umschreibt, ist irreführend, wenn der Werbende die Aussage des Testergebnisses zu seinen Gunsten verändert. Gibt die angegriffene Werbung den Inhalt des Testsiegels hingegen zutreffend wieder, ist es lauterkeitsrechtlich unerheblich, ob Teile des Verkehrs dieser Wiedergabe des Testsiegels unzutreffende Vorstellungen über Gegenstand oder Ergebnis des Tests entnehmen.“ (BGH, Urt. v. 24.01.2019, Az. I ZR 200/17)
  • „Nach der Lebenserfahrung hat der Hinweis auf ein Prüfzeichen für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers über den Erwerb des damit versehenen Produkts erhebliche Bedeutung. Der Verbraucher erwartet, dass ein mit einem Prüfzeichen versehenes Produkt von einer neutralen und fachkundigen Stelle auf die Erfüllung von Mindestanforderungen anhand objektiver Kriterien geprüft worden ist und bestimmte, von ihm für die Güte und Brauchbarkeit der Ware als wesentlich angesehene Eigenschaften aufweist.“ (BGH, Urt. v. 21.07.2016, Az. I ZR 26/15)
  • „Bei Prüfzeichen besteht – ähnlich wie bei Warentests – regelmäßig ein erhebliches Interesse des Verbrauchers zu erfahren, anhand welcher Kriterien diese Prüfung erfolgt ist.“ (BGH, Urt. v. 21.07.2016, Az. I ZR 26/15)
  • „Wird für ein Produkt im Internet mit einem Testergebnis geworben, muss die Fundstelle entweder bereits deutlich auf der ersten Bildschirmseite angegeben oder durch einen Sternchenhinweis eindeutig und leicht aufzufinden sein.“ (BGH, Urt. v. 16.07.2009, Az. I ZR 50/07)
  • Bei Verwendung eines Doktortitels zur Bezeichnung eines zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentrums bezieht sich die Erwartung des Verkehrs nicht auf die maßgebliche (kaufmännische) Mitbestimmung durch einen promovierten Gesellschafter im Trägerunternehmen, sondern auf die (medizinische) Leitung des Versorgungszentrums durch einen promovierten Zahnarzt.“ (BGH, Urt. v. 11.02.2021, Az. I ZR 126/19)

VI. Werbung für PKW

  • „Weder ein bei dem Internetdienst YouTube zu Werbezwecken betriebener Videokanal noch ein dort abrufbares Werbevideo stellt einen audiovisuellen Mediendienst im Sinne von Art.1 Abs.1 Buchst. a der Richtlinie 2010/13/EU dar. Wird mit einem auf diesem Werbekanal abrufbaren Video für neue Personenkraftwagen geworben, sind deshalb Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen der beworbenen Modelle zu machen.“ (BGH, Urt. v. 13.09.2018, Az. I ZR 117/15)

VII. Telefonische Werbung gegenüber Verbrauchern

  • „Bei einer telefonischen Kontaktaufnahme mit dem Verbraucher im Sinne von §312a Abs.1 BGB muss nur die Identität des Unternehmers sowie der geschäftliche Zweck offengelegt werden, nicht aber die Identität eines für den Unternehmer anrufenden Mitarbeiters, der selbst nicht Unternehmer ist.“ (BGH, Urt. v. 19.04.2018, Az. I ZR 244/16)

VIII. Werbung mit Preisen

  • „Bei einer auf ein Warensortiment bezogenen Preiswerbung sind die Angaben zu den von der Aktion ausgeschlossenen Waren und Lieferanten schon in dem für die Werbung benutzten Kommunikationsmittel selbst zu machen, sofern räumliche oder zeitliche Beschränkungen dieses Kommunikationsmediums nicht entgegenstehen.“ (BGH, Urt. v. 27.07.2017, Az. I ZR 153/16)
  • „Beim Internetvertrieb reicht es aus, unmittelbar bei der Werbung für das einzelne Produkt den Hinweis „zzgl. Versandkosten“ aufzunehmen, wenn sich bei Anklicken oder Ansteuern dieses Hinweises ein Bildschirmfenster mit einer übersichtlichen und verständlichen Erläuterung der allgemeinen Berechnungsmodalitäten für die Versandkosten öffnet und außerdem die tatsächliche Höhe der für den Einkauf anfallenden Versandkosten jeweils bei Aufruf des virtuellen Warenkorbs in der Preisaufstellung gesondert ausgewiesen wird.“ (BGH, Urt. v. 16.07.2009, Az. I ZR 50/07)
  • „Ein Nahrungsergänzungsmittel, das sich aus verschiedenen Komponenten – insbesondere verschiedenen Wirk- und Füllstoffen – zusammensetzt und das in dieser konkreten Zusammensetzung in einer Art und Weise vorportioniert vertrieben wird, dass diese Einteilung in Portionen üblicherweise nicht aufgehoben wird, wird nach der Verkehrsanschauung stückweise abgegeben. Insoweit besteht keine Pflicht, einen Grundpreis anzugeben.“ (OLG Celle, Urt. v. 09.07.2019, Az. 13 U 31/19)

IX. Blickfangmäßige Werbeangaben

  • „Der durch eine irreführende Blickfangangabe verursachte Irrtum wird auch bei wirtschaftlich bedeutsamen Erwerbsvorgängen regelmäßig nicht durch einen Hinweis am Ende eines nachfolgenden umfangreichen und unübersichtlichen Texts ausgeräumt, dessen inhaltlicher Bezug zum Blickfang nicht klargestellt wird.“ (BGH, Urt. v. 21.09.2017, Az. I ZR 53/16)

X. Werbung für Heilmittel

  • „Die Werbung mit der Angabe „Premium-Gleitsichtgläser in Optiker-Qualität“ für eine Brille, vor deren Tragen im Straßenverkehr gewarnt werden muss, ist irreführend im Sinne von §3 Satz1 und 2 Nr.3 Buchst.a HWG.“ (BGH, Urt. v. 03.11.2016, Az. I ZR 227/14)

XI. Besondere Haftungsfragen im Zusammenhang mit Werbung

  • „Ein Unternehmen ist für von ihm nicht veranlasste Handlungen Dritter im Internet, die sich als unlautere Werbung für das Unternehmen darstellen, grundsätzlich auch dann nicht verantwortlich, wenn dem Unternehmen die Werbung bekannt ist. Eine Verkehrspflicht zur Unterbindung solcher Handlungen kommt nur unter besonderen Umständen, etwa bei einer entsprechenden Gefahrsetzung, in Betracht.“ (OLG Frankfurt aM, Urt. v. 27.05.2019, Az. 6 W 29/19)
  • „Der Werbende kann das Verbreitungsgebiet der Werbung im Internet durch einen sog. Disclaimer einschränken, in dem er ankündigt, Adressaten in einem bestimmten Land nicht zu beliefern. Um wirksam zu sein, muss ein Disclaimer eindeutig gestaltet und aufgrund seiner Aufmachung als ernst gemeint aufzufassen sein und vom Werbenden auch tatsächlich beachtet werden.“ (BGH, Urt. v. 30.03.2006, Az. I ZR 24/03)

XII. Affiliate Werbung

  • „Nach der hier zu beurteilenden Ausgestaltung des Amazon-Partnerprogramms sind unlautere Handlungen eines Amazon-Affiliates nicht gemäß § 8 Abs. 2 UWG dem Produktanbieter zuzurechnen, auf dessen Amazon-Angebotsseite der Affiliate verlinkt. Der Produktanbieter hat keinen bestimmenden und durchsetzbaren Einfluss auf den Amazon-Affiliate. Zudem wird der Amazon-Affiliate auch nicht im Geschäftsbereich des Produktanbieters tätig, sondern in seinem eigenen.“ (OLG Hamburg, Urt. v. 20.08.2020, Az. 15 U 137/19)
  • „Eine Haftung auf Schadensersatz gemäß § 9 UWG allein aufgrund des Umstands, dass ein Produktanbieter Verkaufsangebote auf der Plattform Amazon in Kenntnis des Amazon-Partnerprogramms einstellt, kommt nicht in Betracht.“ (OLG Hamburg, Urt. v. 20.08.2020, Az. 15 U 137/19)
  • „Amazon-Affiliates, die in ihrer Werbung auf ihrer Homepage mit dem Link „Bei Amazon kaufen“ im Rahmen des Amazon-Partnerprogramms auf Amazon-Angebote verweisen, und bei einem über den Link erfolgten Verkauf von einer Amazon-Gesellschaft eine Werbekostenerstattung erhalten, handeln nach der Ausgestaltung dieser Vereinbarung und bei wertender Betrachtung selbständig, allein in eigener Verantwortung, für sich und nicht als Beauftragter von Amazon-Gesellschaften. Unlautere Werbung auf der Homepage der Affiliates ist den Amazon-Gesellschaften daher nicht als Auftraggebern nach § 8 Abs. 2 UWG zuzurechnen.“ (OLG Karlsruhe, Urt. v. 13.05.2020, Az. 6 U 127/19)

XIII. Werbung für Elektrogeräte

  • „Bei der Vorschrift des § 9 II ElektroG, wonach bestimmte Produkte mit dem Symbol einer „durchgestrichenen Mülltonne“ gekennzeichnet sein müssen, handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG. Ein Verstoß gegen die Kennzeichnungspflicht ist auch geeignet, die Interessen der Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen.“ (OLG Frankfurt aM, Urt. v. 25.07.2019, Az. 6 U 51/19)

XIV. Influencerwerbung

  • „Veröffentlicht eine berufliche tätige Influencerin auf ihrem Instagram-Business-Account ein eigenes Foto, auf dem Tap-Tags zum Instagram-Auftritt eines dritten Unternehmens führen, so handelt sie auch dann geschäftlich, wenn sie hierfür keine Geldzahlung des dritten Unternehmens erhält.“ (OLG Karlsruhe, Urt. v. 09.09.2020, Az. 6 U 38/19)
  • „Zur Frage, ob der kommerzielle Zweck eines solchen Posts, auch die geschäftlichen Interessen der dritten Unternehmen zu fördern, für die Adressaten auf den ersten Blick und ohne jeden Zweifel erkennbar ist (hier verneint, wenn Tap-Tags auch zum Hinweis auf Accounts eingesetzt werden, die keine eigenen Absatzzwecke gegenüber den Nutzern von Instagram verfolgen).“ (OLG Karlsruhe, Urt. v. 09.09.2020, Az. 6 U 38/19)
  • „Das Hashtag #ad genügt jedenfalls dann nicht zur Kennzeichnung des kommerziellen Zwecks eines Beitrags bei Instagram oder ähnlichen sozialen Medien, wenn es sich am Ende des Beitrags und dort an zweiter Stelle von insgesamt sechs Hashtags befindet.“ (OLG Celle, Urt. v. 08.06.2017, Az. 13 U 57/17)
  • „Eine Influencerin, die auf ihren bei Instagram gezeigten Bildern von sich selbst Kleidungsstücke und andere Produkte „tagt“ und Weiterleitungen auf die InstagramAuftritte der jeweiligen Hersteller einrichtet, handelt nicht allein zu privaten Zwecken, sondern auch als Unternehmerin im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG, weil sie das Interesse ihrer Follower an ihrem Leben und an ihrer Person inklusive der von ihr getragenen Kleidung und der von ihr verwendeten Produkte zu ihrem Geschäftsmodell macht. Die entsprechenden Instagram-Posts beruhen nicht nur auf der Mitteilungsfreudigkeit der Influencerin, sondern sind auch darauf gerichtet, Aufmerksamkeit und Resonanz sowohl in Verbraucherwie auch in Unternehmerkreisen zu erzielen, um das Image der Influencerin durch die Erhöhung der Zahl der Follower und der Zahl der Kommentare zu ihrem Auftritt zu stärken und damit den Wert der auch von ihr im eigenen Unternehmen angebotenen Dienstleistungen zu erhöhen, die darin bestehen, im Rahmen von gegenwärtigen oder künftigen bezahlten Partnerschaften für Drittunternehmen Produktwerbung zu betreiben.“ (OLG München, Urt. v. 25.06.2020, Az. 29 U 2333/19)
  • „Die Intention, durch die Posts auch bezahlte Partnerschaften zu akquirieren, führt nicht dazu, dass solche Posts, für die die Influencerin kein Entgelt erhält, als geschäftliche Handlungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG anzusehen wären, da das allgemeine Interesse, sich durch Publikationen für Werbeverträge interessant zu machen, nicht ausreicht, um einen objektiven Zusammenhang zwischen den Publikationen und einer Absatzförderung für die gezeigten Produkte anzunehmen.“ (OLG München, Urt. v. 25.06.2020, Az. 29 U 2333/19)
  • „Die Empfehlung fremder Leistungen durch den „Influencer“ in dessen sozialem Medium, welches einen kommerziellen Zweck nicht erkennen lässt, stellt eine nach § 5a VI UWG verbotene getarnte Werbung dar, wenn der „Influencer“ vom Erbringer der empfohlenen Leistung Vorteile erhalten hat.“ (OLG Frankfurt aM, Urt. v. 23.10.2019, Az. 6 W 68/19)

XV. Rabattwerbung

  • Werden in der Werbung für eine Rabattaktion, die ein Unternehmen anlässlich eines Firmenjubiläums ankündigt, feste zeitliche Grenzen angegeben, muss es sich hieran grundsätzlich festhalten lassen. Es kann auch irreführend sein, wenn eine solche Aktion über die angegebene Zeit hinaus fortgeführt wird.“ (BGH, Urt. v. 07.07.2011, Az. I ZR 173/09)
  • Eine irreführende Angabe wird regelmäßig dann vorliegen, wenn das Unter-nehmen bereits bei Erscheinen der Werbung die Absicht hat, die Rabattakti-on zu verlängern, dies aber in der Werbung nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck bringt. Wird die Rabattaktion aufgrund von Umständen verlängert, die nach dem Erscheinen der Werbung eingetreten sind, ist danach zu unterscheiden, ob diese Umstände für das Unternehmen unter Berücksichtigung fachlicher Sorgfalt voraussehbar waren und deshalb bei der Planung der befristeten Aktion und der Gestaltung der ankündigenden Werbung berücksich-tigt werden konnten.(BGH, Urt. v. 07.07.2011, Az. I ZR 173/09)

XVI. Redaktionell getarnte Werbung

  • „Wird Werbung in einem Artikel derart redaktionell getarnt, dass unklar ist, ob eine Anzeige oder ein redaktioneller Beitrag vorliegt, liegt hierin eine unlautere redaktionelle Werbung, auch wenn dies in einem kostenlos abgegebenen Magazin geschieht. Der Werbecharakter der Anzeige muss kenntlich gemacht werden und darf nicht redaktionell getarnt werden.“ OLG Schleswig, Urt. v. 14.5.2020, Az. 6 U 1/19)

XVII. Sonstige irreführende Werbung

  • „Werden Mieträume mit der Angabe „provisionsfrei“ beworben, liegt hierin eine Irreführung i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG, sofern der Vermieter für die angebotenen Räume bereits einen Maklerauftrag vergeben hat. Denn trotz der objektiv richtigen Information vermutet der angesprochene Verkehr einen besonderen Vorzug des Angebots, der tatsächlich jedoch nicht gegeben ist, da der Vermieter in einem solchen Fall ohnehin gesetzlich zur Zahlung der Provision verpflichtet ist.“ (OLG Brandenburg, Urt. v. 22.10.2019, Az. 6 U 54/18)
  • „In der Angabe von verschiedenen Städtenamen an hervorgehobener Stelle auf dem Briefkopf einer Kanzlei kann eine erhebliche Irreführung i.S.d. § 5 I 2 Nr. 3 UWG liegen, sofern dort tatsächlich keine eigene Kanzlei betrieben wird, sondern nur eine Zweigstelle. Denn es wird eine Größe und überörtliche Präsenz vorgespiegelt, die tatsächlich nicht besteht und die, wie auch der Sitz der Kanzlei für die Auswahl des Rechtsanwaltes von erheblicher Bedeutung ist.” (OLG Köln Urt. v. 17.1.2020, Az. 6 U 101/19)
  • „Wird ein „(Maracuja-)Nektar“ als „(Maracuja-)Saft“ beworben, liegt hierin wettbewerbswidrige Irreführung des Verkehrs. Diesem ist bewusst, dass ein „Nektar“ im Gegensatz zu einem „Saft“ unter Zusatz von Wasser und meist auch von Zucker bzw. Honig hergestellt wird. Die Bewerbung als „Saft“ ist eine unwahre Angabe über die Beschaffenheit des Getränks.“ OLG Rostock, Urt. v. 25.9.2019, Az. 2 U 22/18)

XVIII. Keywords Suchmaschinenwerbung

  • Die Verwendung von fremden Kennzeichenrechten (Markenrechte und geschäftliche Bezeichnungen) im Rahmen von Adwords-Werbung kann eine Markenverletzung darstellen, wenn eine deutliche Trennung der Werbeanzeige von der Suchtrefferliste nicht gegeben ist und/oder, wenn das fremde Kennzeichen in der Werbeanzeige erscheint. Lesen Sie hierzu sowie zu weiteren Ausnahmen in unserem ausführlichen Beitrag nach.

XIX. Werbung für Textilien / Textilkennzeichnung

  • „Das Angebot von Textilien unter der Materialangabe „Acryl“ verstößt gegen die Marktverhaltensregeln in Art. 5 Abs. 1, 15 Abs. 3, 16 Abs. 1 und 3 TextilKennzVO, wenn es sich bei dem verwendeten Material tatsächlich um Polyacryl handelt. Der Verstoß ist jedoch nicht geeignet, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar im Sinnen von § 3a UWG zu beeinträchtigen. Der angesprochene Verkehr wird keine Veranlassung zu der Annahme haben, es handele sich bei „Acryl“ um eine andere Faser als „Polyacryl“. Er wird vielmehr umgangssprachlich den Begriff „Acryl“ als Abkürzung für „Polyacryl“ verwenden.“ (OLG Frankfurt, Urt. v. 14.01.2021, Az. 6 U 256/19)

Dr. Martin Wintermeier

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

martin.wintermeier@twainscore.de