Die Werbung mit Erfahrung – sie soll insbesondere vertiefte Kenntnisse auf dem beworbenen Gebiet, Zuverlässigkeit und Beständigkeit vermitteln und stellt daher eine beliebte Werbemaßnahme von Unternehmen dar. Oftmals wird dabei eine „jahrelange“ oder „langjährige“ Erfahrung herausgestellt. Es versteht sich von selbst, dass eine solche Werbung geeignet ist die Entscheidung des Kunden zu beeinflussen, gerade dieses Unternehmen auszuwählen. Damit ist sie auch wettbewerbsrechtlich relevant.
Das Oberlandesgericht Frankfurt hat in einer kürzlich ergangenen Entscheidung (Urt. v. 25. März 2021, Aktenzeichen 6 U 212/19) hierzu ausgeführt, unter welchen Voraussetzungen die Werbung mit „jahrelanger Erfahrung“ zulässig ist.
Der Sachverhalt
Die Beklagte – eine Vertreiberin von Whirlpools – hatte für ihre Produkte mit der Folgenden Formulierung geworben „Unsere jahrelange Erfahrung im Bereich der Whirlpools…“ , sowie „unserer jahrelangen Erfahrung im Wellness-Bereich…“.
Eine Mitbewerberin rügte diese Angaben als irreführend i.S. der §§ 3, 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UWG und begehrte das Verbot „im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Whirlpools mit einer langjährigen Erfahrung“ mit den genannten Formulierungen zu werben. Hintergrund der Beanstandung der Klägerin war die Tatsache, dass die Beklagte zum Zeitpunkt der Klageerhebung erst wenige Monate ins Handelsregister eingetragen war.
Die Beklagte argumentierte, dass sie die frühere Tätigkeit einer GmbH & Co. KG fortführe. So seien die Kommanditanteile auf die Beklagte übertragen worden und die Geschäftsführerin der Beklagten sei die frühere Geschäftsführerin der GmbH & Co. KG.
Das Landgericht erster Instanz verurteilte die Beklagte daraufhin zur Unterlassung ebendieser Äußerungen.
Die Entscheidung des Oberlandesgericht Frankfurt am Main
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sah den geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus zweierlei Gründen als nicht gegeben an:
- „jahrelang“ ist nicht „langjährig“
Zunächst hielt es die Antragsfassung für nicht stimmig, da im abstrakten Teil des Antrages von einer „langjährigen Erfahrung“ die Rede sei, während die Beklagte tatsächlich mit einer „jahrelangen Erfahrung“ geworben habe.
Das OLG vertrat den Standpunkt, dass der Bedeutungsgehalt der beiden Begriffe nicht identisch sei:
„‘Langjährig‘ umschreibt eine längere Zeitspanne als ‘jahrelang‘. Von einer jahrelangen Dauer kann schon bei einer Dauer zwei Jahren gesprochen werden, langjährig bezeichnet dagegen eine lange Reihe von Jahren.“
Der Antrag sei daher schon unbegründet, weil die Klägerin die Werbung auf eine unzulässige Weise interpretiert habe.
- Entscheidend ist wirtschaftliche Fortdauer, nicht das Gründungsdatum
Darüber hinaus hielt das Gericht die angegriffene Aussagen letztlich für zulässig, da diese nicht ausschließlich zu der (erst kürzlich gegründeten) Beklagten in Bezug gesetzt würden.
Voraussetzung der Zulässigkeit einer solchen Werbung sei die wirtschaftliche Fortdauer bzw. Kontinuität des Unternehmens:
„Der Hinweis auf Alter und Tradition eines Unternehmens suggeriert Kontinuität. Daher muss eine wirtschaftliche Fortdauer vorliegen. Das gegenwärtige Unternehmen muss trotz aller im Laufe der Zeit eingetretenen Änderungen noch mit dem früheren Unternehmen als wesensgleich angesehen werden können. Ist die wirtschaftliche Kontinuität gegeben, so ist es unerheblich, ob Inhaberwechsel, Rechtsnachfolger, Änderung des Firmennamens oder Rechtsform erfolgt sind.“
Dies war vorliegend der Fall, da nicht nur die Kommanditanteile auf die Beklagte übertragen worden, sondern auch die „handelnden Personen“ gleich geblieben seien.
Die Klägerin oblag nach der Darlegungs- und Beweislast, die Umstände vorzutragen, aus denen sich die fehlende wirtschaftliche Kontinuität herleiten ließe. Sie argumentierte aber ausschließlich rein formal mit dem Gründungsdatum der Beklagten, was nach Ansicht des Gerichts nicht ausreichend war.
Vor diesem Hintergrund war der Tatbestand einer Irreführungsgefahr nicht erfüllt.
Praxishinweis
Im Ergebnis zeigt sich, dass eine Traditionswerbung auch bei neueren Gründungen nicht ausgeschlossen ist und sich hier durchaus zulässige Möglichkeiten für interessante Werbemöglichkeiten bieten.
Entscheidend ist die wirtschaftliche Kontinuität und damit die umfassende Würdigung des relevanten Sachverhalts: Soweit diese gegeben ist, stehen Inhaberwechsel, Rechtsnachfolger, Änderung des Firmennamens oder der Rechtsform einer Alters- bzw. Traditionswerbung lauterkeitsrechtlich nicht entgegen. Demgegenüber genügt eine einfache Namenskontinuität nicht, um mit Erfahrung werben zu dürfen. Das unter Verweis auf sein Alter bzw. seine Erfahrung werbende Unternehmen muss trotz aller zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen als wesensgleich mit dem früheren Unternehmen angesehen werden können.
Die Einschätzung des Gerichts zu den Begrifflichkeiten „jahrelang“ und „langjährig“ ist nicht vollends überzeugend, weil es an einer sprachwissenschaftlich überzeugenden Begründung fehlt. Unklar bleibt auch, ab wann von einer „langen Reihe von Jahren” gesprochen werden kann, da hiernach laut dem Gericht erst der Begriff „langjährig“ zulässig sei. Klar ist aber, dass Wortspiele durchaus Möglichkeiten bieten, eine an sich irreführende Werbung lauterkeitsrechtlich unbedenklich zu gestalten, zumindest nach Auffassung des OLG Frankfurt.
Die alleinige Berufung auf ein (kürzliches) Gründungdatum eines Unternehmens reicht für die Annahme einer wettbewerbsrechtlichen Irreführung im Rahmen einer Werbung mit Erfahrung gleichwohl nicht aus.

